Das sind die Worte von Dave Scott in einem Interview mit der ZEIT im Oktober 2018. Dave Scott war in meinen Zwanzigern ein Vorbild für mich. Er repräsentierte damals für mich das, wo ich in meinem Leben hinwollte, aber noch lange nicht war. Scott war für mich der Archetyp des modernen Kriegers, der in der Lage ist über sich selbst hinaus zu wachsen und in Lösungen zu denken, anstatt in Problemen zu versinken. Der in der Lage war, mental und körperlich so in Einklang zu kommen, dass er schier unbesiegbar schien. In den 1980er Jahren hat er sechsmal den Ironman auf Hawai gewonnen. Im Jahr 2002 hatte ich die Gelegenheit ihn persönlich kennenzulernen und mir ein eigenes Bild von ihm zu machen. Eines, das nicht das Resultat massenmedialer Kommunikation war, sondern ein echtes. Ich war damals tief beeindruckt von der Präsenz und der Klarheit dieses Ausnahmesportlers. Jetzt ist er mir in diesem Interview wieder begegnet, nachdem ich eine lange Zeit nicht an ihn gedacht hatte.
“Was kann ich jetzt, in diesem Moment, tun? Wie fühlt sich mein Körper an?”
Diese Fragen stellt Dave Scott in herausfordernden Situationen im Wettkampf in den Vordergrund. “Man muss sich fragen: Mach ein Inventar, achte auf deine Atmung, schau deine Beine an, achte auf deinen Rhythmus, entspanne deinen Rücken. Alles andere muss man ausblenden. Außerdem darf man nie zweifeln. Man muss mit dem Glauben am Start stehen, dass man einen guten Tag haben wird. Und diesen Glauben darf man auch nicht von Krisen erschüttern lassen. Sobald sich der Zweifel festfrisst, geht es bergab.” Was Scott als Rezept für eine erfolgreiches Rennen serviert, kann ebenso als Lebensphilosophie angewendet werden, die sich mit meiner Erfahrung deckt: Die Antwort wohnt in meinem Körper. Ich habe in meinem Leben viel Energie investiert, um die Fehlerquote meines Geistes zu reduzieren und als Nebenprodukt dieses Prozesses herausgefunden: Mein Körper hat keine Fehlerquote. Mein Körper ist der Hüter meiner Weisheit. Wenn ich lerne, ihm zuzuhören und ihn zu verstehen, weiß ich was los ist!
“Ich kann nur schwer akzeptieren, dass ich nicht mehr der harte Hund bin, der ich mein ganzes Leben lang war.”
Mit knapp fünfzig Jahren wollte Scott noch einmal gegen die Weltelite im Triathlon antreten. Die Männer um ihn herum hätten längst seine Söhne sein können. Aber im Vorfeld des Rennens wurde er von einem Auto angefahren und leidet seitdem an den Folgen seiner Verletzungen, die aus dem Unfall resultierten. Dave Scott konnte von da an nicht mehr leistungsorientiert trainieren und startete nie mehr bei einem Rennen. “Ich habe ein wenig das Gefühl, dass mein Herz mich im Stich gelassen hat. Ich bin eigentlich immer noch derselbe Wettkämpfer, der ich immer war”, so Scott. Eine Erfahrung die ich teile ist, dass ich es einfacher finde zu kämpfen und meine Ziele zu erreichen als sie loszulassen. Doch genau an diesem Ort liegt die Möglichkeit zur Transformation. Wenn es nichts mehr zu kämpfen gibt, wenn alles gesagt und getan ist und wenn es nur noch um die Akzeptanz der Wirklichkeit geht. Wenn ich dann ausatme und alles in mir ganz ruhig wird.