Polyamorie ist ein zusammengefügtes Kunstwort aus dem griechischen πολύς polýs „viel, mehrere“ und lateinisch amor „Liebe“. Viele Lieben klingt toll, viel besser, als nur einen oder eine zu lieben, oder? Aber bereits bei der Verständigung darüber, was Liebe eigentlich ist, stolpern schon die ersten. Mein Artikel, Ich liebe dich – Was ist eigentlich Liebe?, ist mein Beitrag, um an dieser Stelle etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Warum Polyamorie nach Ansicht mancher Wissenschaftler in unserer DNA transportiert wird, steht in: Sex – Die wahre Geschichte.

 

Liebe deinen nächsten wie dich selbst, von Sex war nicht die Rede

In unserer westlichen Kultur, christlicher Tradition, ist es völlig in Ordnung, mehr als einen Menschen zu lieben. Den Nächsten sowieso, die Eltern, die Geschwister und natürlich die eigenen Kinder. Wer schon mal Vater oder Mutter eines zweiten Kindes wurde weiß, dass die eigene Liebe dann nicht durch zwei geteilt werden muss, sondern dass sich die Liebe von ganz alleine vermehrt, Liebe ich das erste Kind von ganzem Herzen, so liebe ich das zweite genauso. Liebe wird mehr, nicht weniger, wenn ich sie teile und weitere Menschen in den Prozess des Liebens eingebunden werden. Kommt zwischen Erwachsenen zur Zuneigung, Sympathie und starker Verbundenheit der Sex dazu, ist meist Schluss mit schön und lustig, sofern einer der beiden Akteure bereits in einer Liebesbeziehung lebt, die eine sexuelle Beziehung miteinschließt.

Jeder kennt das Drama, das sich dann abspielt. Eifersucht, Scham, Verlassenheitsängste und ein Zusammenbruch des Bildes, das beide bis dahin auf sich und ihre Beziehung hatten, sind die Themen, mit denen sich das Paar nun auseinandersetzen muss.

 

Viele Lieben und viele vögeln ist nicht das Gleiche

Während sogenannte „offene Beziehungen“ die außerpartnerschaftlichen sexuellen Kontakte dulden, solange sie nicht beziehungsähnliche Züge zeigen, haben die polyamoren Konzepte gemein, dass Liebe und Sexualität in eine Beziehung eingebettet wird. Und das eben nicht nur zu einem Menschen. Ein wichtiges Element der Polyamorie ist dabei Transparenz darüber, wer mit wem was macht und in welcher Beziehung zueinander steht. Dann gibt es keine falschen Erwartungen und auch keinen Betrug. Diese Liebesform macht ein großes Maß an gelungener Kommunikation notwendig, damit sich alle Beteiligten entspannen können. Polyamorie soll bereichern und nicht einschränken, die Liebe soll fließen können und wenn die Sexualität mitfließt, soll es zur Freude aller sein.

Monogamie ist die Kunst im Duett zu musizieren, Polyamorie gleicht einem Orchester

Ich vergleiche eine Liebesbeziehung gerne mit gemeinsamem Musizieren. Um zu musizieren, muss ich mein Instrument beherrschen, das vorzugsweise gut temperiert und gestimmt ist und ich muss wissen, welche Musik ich spielen möchte. Nach Noten vom Blatt? Gängige Songs, die ich auswendig kenne? Eine Jam-Session oder gar ganz nach Gehör?

Besonders im Duett ist es wichtig, dass die Instrumente gut zueinander passen. Gitarre und Kontrabass zum Beispiel oder Klavier und Violine. Schlagzeug und Triangel zu kombinieren scheint schon schwieriger, Dudelsack und Harfe sind sehr speziell.

Wenn ich nur zu zweit musiziere, müssen beide musikalisch voll präsent sein. Spielt einer ein Solo, ist der andere alleine für die Begleitung verantwortlich. Jeder Fehler, jede falsche Note fällt schwer ins Gewicht. Wenn beide ihre Instrumente auch noch stimmlich begleiten, kann es aber auch zu magischen Momenten kommen. Wenn beide wie füreinander gemacht zueinander passen und miteinander schwingen und fließen, kommt niemand auf die Idee, dass hier ein weiterer Musiker fehlt.

 

 

Polyamorie ist eine anspruchsvolle Jam-Session

Polyamorie ist die Kunst in einer Band zu spielen oder in einem Orchester. Wenn die Beteiligten eines polyamoren Beziehungsgeflechts spontane Entscheidungen treffen, kann es kompliziert werden. Dann gleicht Polyamorie eher einer Jam-Session. Jeder und jede muss sein Instrument beherrschen und wissen, was zu tun ist, damit es am Ende nach Musik klingt. Es ist ein Schwingen in der Gruppe. Ich habe hier nicht ein einziges Gegenüber, sondern ich bin ein Teil des Ganzen. Ich bin hier nicht mehr oder weniger wichtig, sondern anders wichtig. Von einer Gruppe getragen zu werden, kann auch entlastend und bereichernd sein. Der Mensch hat tausende von Jahren in Horden gelebt, die in etwa die Größe eines Orchesters hatten. Und die Vielfalt an klanglichen Möglichkeiten kommt noch hinzu.

Duett, Band oder Orchester. Nichts ist besser als das andere. Es ist einfach nur anders. Wenn ich weiß was ich will, werde ich auch die richtigen Mitspieler finden.

 

Liebe und Sex – Wenn ich in den Himmel will und in der Hölle lande

Wenn es in Liebesbeziehungen schwierig wird, ist die Aussage der Beteiligten häufig: Der andere hat bei der Probe sein Instrument nicht dabei, hat die Stücke nicht geübt, spielt immer zu laut, zu schnell, zu leise und hat überhaupt einen ganz anderen Musikgeschmack. Liebesbeziehungen folgen immer dem gleichen Muster. Nach einer anfänglichen Phase von rosarot tauchen die ersten Herausforderungen auf, die mit unseren Entwicklungs- und Schocktraumata der Vergangenheit zusammenhängen und zeigen uns, welche biographischen Elemente noch integriert werden wollen.

 

Wenn ich die Lösung bin, braucht der andere nicht das Problem sein

Zu dieser Erkenntnis braucht es etwas Bewusstsein. Beobachten lässt sich allerdings häufiger Bewusstlosigkeit, die sich darin zeigt, dass die Akteure verlauten lassen, dass alles anders und damit besser wäre, wenn der andere nur anders wäre. Plötzlich ist der andere nicht mehr der oder die langersehnte Person zur Vollendung des eigenen Glücks, sondern die Ursache allen Unglücks. Wer jetzt denkt, hier ist doch was faul, liegt absolut richtig. Die Erfahrung zeigt: Der andere ist nicht das Problem, der andere ist aber auch nicht die Lösung. Wenn ich meine Stücke und Tonleitern übe und mein Instrument pflege, finde ich auch andere, die sich selbstverantwortlich vorbereiten und einbringen.

 

Die dysfunktionale Seite polyamorer Bemühungen

Wer alleine seinem Instrument keine wohlklingenden Töne entlocken kann, wird es auch im Duett oder dem Orchester nicht können. Wenn das Duett nur schräg scheppert, wird es auch nicht besser, wenn ein drittes Instrument seine falschen Töne hinzufügt. Ein Orchester, dass keine Möglichkeit hatte, nach der Anreise am AUftrittsort seine Instrumente zu temperieren, klingt einfach nur schauderlich. Wer seinen Partner oder seine Partnerin für defizitär hält, wird früher oder später den dritten oder vierten im Bunde auch für defizitär halten. Und sich selbst wahrscheinlich auch. Nur ohne es bewusst zu wissen. Wenn es mit einem Partner oder einer Partnerin schwierig ist, wird es mit der Erhöhung der Teilnehmerzahl im Beziehungskarusell wahrscheinlich nicht besser werden, sondern eher komplizierter.

 

Unsere Schatten folgen uns überall hin

Wer seinen eigenen Verlassenheitsängsten damit begegnet, dass andere Partner die Funktion eines Sicherheitsnetzes erfüllen, missbraucht die anderen zur Beruhigung seiner kindlichen Ängste. Wer als Sensation-Seeker unterwegs ist und möglichst viele neue und aufregende Kontakte sucht, wird vermutlich schnell Schwierigkeiten mit seinem polyamoren Netzwerk bekommen und feststellen, dass die innere Leere sich nur kurzfristig mit anderen Menschen füllen lässt. Endlose Diskussionen mit allen Beteiligten sind die Folge und können auch ein Muster sein, das verhindert, das jemand den inneren Kern seiner eigentlichen Themen und seiner Verletzungen berührt.

Glücklichsein ist der Weg, nicht das Ziel

Der erste Schritt  für eine erfüllende Liebesbeziehung ist eine gute Beziehung zu mir selbst. Wenn ich mich selbst liebe und mit mir gut klar komme, ist der oder die andere eine Bereicherung für mich und nicht eine Krücke, um irgendwie besser durchs Leben zu kommen. Erst wenn ich eine gute Beziehung zu mir selbst habe, kann ich wirklich in mir selbst erforschen, welche Liebesform meiner Natur entspricht. Und manche Menschen sind wohl so: Sie lieben mehrere. Und manche Menschen sind wohl anders: Sie lieben nur einen. Die Lösung liegt darin, zu wissen wer man ist, was man braucht und wie man leben und lieben möchte. Eine Reise, die ein Leben lang dauern kann und in der Menschen in verschiedenen Lebensabschnitten unterschiedlichen Lebensformen den Vorziug geben.

 

Kommunikation ist ein wichtiger Schlüssel

In jeder Liebesbeziehung müssen die Beteiligten lernen, das Wichtige miteinander zu kommunizieren, da dies in unserer Kultur zu wenig gelebt und vor allem von unseren Eltern und anderen Menschen mit Vorbildcharakter zu wenig vorgelebt wird. Am Ende wird nur der oder die glücklich werden können,der sich von seinen Sehnsüchten führen lässt und nicht von seinen Ängsten. Die Schwerkraft der Liebe ist stärker als alles andere und führt die Menschen zu der Lebensform, die ihnen gemäß ist.

 

Polyamorie? Ich muss wissen wo ich bin und wo ich hin will, um meinen Weg zu finden

Manchmal lohnt es sich, anzuhalten und eine innere Inventur zu machen, um herauszufinden, was eigentlich los ist. Wenn Sie mögen, begleite ich Sie dabei. Falls Sie mit Ihrem Partner oder Ihren Partnern kommen möchten, sind sie alle herzlich eingeladen. Ich stelle so viele Stühle auf, wie Personen kommen.

Ich arbeite in meinen Beratungssettings überwiegend auf der Basis von systemischer Theorie und Praxis, Somatic Experiencing®, dem inneren Team und dem inneren Kind. Meine Arbeitshaltung ist achtsam gegenüber meinen Kundinnen und Kunden und deren Anliegen.

Weitere Informationen finden Sie in der Rubrik über mich auf meiner Homepage. Beratungstermine können Sie auf der Seite Kontakt vereinbaren.