Irgendwann in unserem Leben stehen wir alle mal vor dieser Frage. Trennung oder nicht? Wenn wir uns diese Frage stellen, haben wir in der Regel bereits einen langen Vorlauf an Frustration und ungelösten Konflikten hinter uns. Wir sind am Ende mit unseren Nerven, unserer Geduld und unserer Kraft. Es soll dann einfach aufhören. Der Streit, die Diskussionen, die Langeweile und die immer wiederkehrenden Schleifen aus etwas, was wir gar nicht in unserem Leben haben wollen.
Wenn wir uns nun also trennen, sind wir zwar die gegenwärtige unangenehme Situation erst einmal los, aber ob wir unsere Lebenssituation wirklich verbessert haben, stellt sich erst nach der Trennung heraus. Weil die wichtigste Person in diesem Szenario wird uns auch weiterhin begleiten. Wir selbst. Menschen neigen dazu, den Partner als das eigentliche Problem in der Partnerschaft auszumachen. Wäre der oder die andere anders, besser, schöner, lebendiger, freundlicher, positiver, wäre alles anders. Ein Partner ist das Engelchen, der andere das Teufelchen? Was für ein Quatsch!
Mit dem älter werden und dem damit verbundenen Reifeprozess finden wir dann heraus, dass das so nicht stimmt. Es ist vielmehr so, dass jedes Paar eine bestimmte Dynamik entwickelt, die manchmal einfach nicht mehr auszuhalten ist, wenn die Partnerschaft zu lange in die falsche Richtung läuft.
Münchhausen für Einsteiger. Wie es weiter gehen könnte, wenn es weiter gehen soll.
Unter welchen Umständen Partner sich für eine Fortsetzung ihrer Partnerschaft entscheiden, bedarf einer ehrlichen Introspektive der beiden und offener Gespräche miteinander. Denn es geht nur, wenn beide wollen. Wenn einer nicht will oder kann, ist es zu Ende. Wer will schon seinen Partner beim Tango übers Parkett schleifen?
Was müsste passieren, damit beide bereit sind, miteinander weiterzumachen? Wie müsste die Partnerschaft in einem Jahr aussehen, dass beide sagen können, es hat sich gelohnt? Wäre es die Arbeit wert, wenn ich dadurch erkennen kann, dass der andere nicht das Problem ist und genauso wenig die Lösung, sondern dass ich mich verändern kann und muss, um an einem anderen, einen besseren Ort in meiner Partnerschaft zu kommen? Und zwar gemeinsam mit dem anderen? Wie wäre es zu wissen, dass ich mehr erreichen kann, als ich mir im Moment in meinen kühnsten Träumen ausmale, dass es aber länger dauert, als ich mir derzeit vorstellen kann, auszuhalten?
Wundermittel Perspektivwechsel
Wie wäre es, mit dem Wissen um Partnerschaftsdynamiken eine neue, andere Sicht auf die Situation einzunehmen? Und zu verstehen, das Krisen in einer Partnerschaft ganz normal sind? Mit dem Wissen, dass sich Menschen ineinander verlieben, die ganz bestimmte Themen miteinander abzuarbeiten haben? Wie wäre es, wenn das ganz normal ist und kein Versagen? Und das jedes Paar an irgendeinem Punkt in seiner Partnerschaft entscheiden muss, ob es den gemeinsamen Garten der Partnerschaft beackert und zum Blühen bringt oder ob sie ihn so lange verwildern lassen, bis er nur noch aus Dornenhecken und Brennesseln besteht?
Dass sind möglicherweise Fragen, die einem Paar neue Impulse liefern, ihre Perspektive zu verändern.
Trennung ist bei Gewalttätigkeiten die richtige Entscheidung
Wenn Gewalttätigkeiten ausagiert werden, rate ich zur Trennung. Jetzt. Sofort. Sachen packen und gehen. Sonst wird alles nur noch schlimmer. Schlagen, ständiges Abwerten, andauernde Vorwürfe, lügen, betrügen, Absprachen nicht einhalten und sexualisierte Gewalt machen den Schaden an der Beziehung und an den beiden Partnern immer größer.
Handelt es sich bei einer Gewalttätigkeit um einen einmaligen Unfall, weil die Situation völlig eskaliert ist, kann das Paar schauen, ob es den Unfall repariert bekommt. Ist die Gewalttätigkeit die Regel und längst in der Partnerschaft etabliert, hat das Paar längst die Ausfahrt verpasst, das Drama zu beenden. Dann wird es dafür höchste Zeit!
Es wird durch Gewalttätigkeiten immer schwieriger, sich irgendwann einmal wieder an einen Tisch zu setzen und einen gemeinsamen Ausblick zu entwickeln, wie es weiter gehen könnte. Die Fragmentierung beider Partner wird durch die Gewalt immer stärker. Vor allem für das Gewaltopfer. Aber auch für den Gewalttätigen. Oft sind ohnehin beide Partner gewalttätig, eben nur auf unterschiedlichen Ebenen. Die Gewalt erzeugt große Verletzungen und große Scham, die häufig an die Entwicklungstraumata aus der Kindheit anknüpfen.
Mama, Papa und meine Partnerschaft
Wenn ich als Kind Eltern hatte, die mir respektlos und wenig wertschätzend begegnet sind, werde ich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einen solchen Partner auswählen. Bis ich merke, dass es etwas Besseres gibt. Wenn in meiner Kindheit Schläge normal waren, werde ich körperliche Gewalt wahrscheinlich in meiner Partnerschaft reinszenieren.
Manchmal lehne ich dann körperliche Gewalt aber auch rigoros ab, weil ich ja nicht so sein möchte wie meine Eltern und werde zu einer hochmanipulativen Persönlichkeit. Wer als Kind Gewalt erlebt hat, wird in der Regel nicht einfach so ganz von alleine als Erwachsener ein Grenzen respektierender Mensch, dem ein gewaltfreies Leben möglich ist. Kurzum: Solange die eigenen Gewalterfahrungen aus der Kindheit unbearbeitet und unreflektiert bleiben, werde ich sehr wahrscheinlich als Erwachsener keine zugewandte und wertschätzende Partnerschaft leben können. Auch wenn viele etwas anderes von sich behaupten, weil sie das Gewohnte als das Gute kodieren. Bis sie aus dieser Illusion erwachen.
Phasen der Trennung
Irgendwann bekommt die Partnerschaft einen Riss. Meistens dann, wenn die große Phase des Verliebtseins zu Ende ist und der Alltag an dem Paar arbeitet. Kleine Unaufmerksamkeiten, die Belastungen aus Beruf und Familie und die Alltäglichkeit des Zusammenseins befördern den Verfall der Partnerschaft. Was Paare in jungen Jahren oder am Anfang einer Partnerschaft oft nicht wissen: Eine Beziehung ist keine Skulptur, die einmal errichtet für tausende von Jahren so erhalten bleibt. Eine Beziehung ist ein Garten. Und ein Garten muss gehegt und gepflegt werden. Es muss gedüngt, gesät, beackert, geschnitten und geschützt werden. Und sobald diese Bemühungen einmal Pause haben, weil man zum Beispiel in den Sommerurlaub fährt, sind die Blätter von den Läusen zerfressen, der Salat überwuchert und die Blumen vertrocknet.
Wenn das Paar den Riss in seiner Partnerschaft nicht kittet, wird er größer. Bis das, was das Paar zusammenhält, reißt. Als erstes verabschiedet sich oft die Liebe, weil sie sich nicht mehr willkommen fühlt. Was Liebe allerdings ist, muss das Paar erst einmal miteinander klären.
Eine andere tragende Säule der Partnerschaft ist die Sexualität. Auch hier wird es für manche Paare schwierig, sobald die Phase des rosarot vorbei ist. Besonders dann, wenn traumatisches Material aus der Vergangenheit sichtbar wird. Sex und Trauma ist eine hochbrisante Mischung, die zu handhaben einer Bombenentschärfung gleicht.
Wenn die Worte der Wahrheit den Raum erfüllen
Einer von beiden spricht es irgendwann aus: Ich trenne mich von dir! Aber derjenige, der die Trennung ausspricht, ist nicht automatisch derjenige, der sich auch als erstes verabschiedet hat. Die ersten Schritte sind soft subtiler. Und beginnen damit, dass wir uns nicht mehr voll und ganz in die Beziehung einbringen. Nicht mehr sagen, was uns bewegt, was wir möchten und welche Sehnsüchte wir haben. Wir nehmen die eigenen Bedürfnisse zunehmend zurück, weil wir das Gefühl haben, sie bleiben ohnehin unerfüllt und der andere hört uns nicht mehr zu. Wenn einer von beiden an den Punkt gelangt, dass er oder sie lieber alleine einsam ist als gemeinsam, ist der entscheidende Schritt in die Trennung oft gemacht.
Am Ende ist es immer das Gleiche. Das Paar hat aufgehört, miteinander zu kommunizieren. Oder es stellt sich heraus, dass es nie wirklich miteinander gesprochen hat und das Stadium des Verliebtseins einfach nur eine Weile darüber hinwegtäuschen konnte, weil in dieser Phase der Beziehung die Chemie ganz alleine ihren Job macht.
Es ist selten zu früh und nie zu spät für eine Paarberatung
Es ist in unserer Kultur völlig normal, einmal im Jahr zum Zahnarzt zu gehen, zur Krebsvorsorge und regelmäßig ein Blutbild machen zu lassen. Schwierigkeiten in der Partnerschaft zu haben, ist immer noch ein Tabuthema. Die meisten Paare kommen deswegen regelrecht in die Notaufnahme. Wann der richtige Zeitpunkt für eine Paarberatung ist, entscheidet das Paar natürlich selbst. Ich habe dazu ein Video gemacht und die Navigation durch das wann, wie und wozu der Paarberatung näher beleuchtet. Paarberatung finde ich als Etikett für ein Beratungsformat geeingneter als Paartherapie, schließlich sind die beiden ja nicht krank.
Trennung auf Zeit
Eine Trennung auf Zeit kann eine nützliche Pause für das Paar sein. Wenn es darum geht, einfach mal Abstand voneinander zu bekommen und sich selbst wieder besser zu spüren. Ohne die alltäglichen Energiekiller einer vor sich hin endenden Partnerschaft. Dann kann das Paar die Zeit nutzen, um sich darüber klar zu werden, was es bereit ist, an Energie, Zeit und Geld in die Partnerschaft zu investieren, um wieder zueinander zu finden. Wird die Zeit nicht aktiv genutzt, wird sie wahrscheinlich ohne brauchbare Resultate einfach verstreichen. Dann steht das Paar nach der Pause wieder dort, wo es vor der Pause festgestellt hat, dass nichts mehr geht.
Wenn die Pause dafür gut sein soll, festzustellen, ob man eigentlich überhaupt alleine klar kommt, taucht ein ganz anderes Thema auf. Dann geht es nicht mehr um den Partner oder um die Partnerschaft, sondern darum, wie die Frau oder der Mann lernen kann, als Erwachsener alleine zu sein und alleine zu leben.
Erst von diesem Ort aus kann überhaupt eine erwachsene Entscheidung darüber getroffen werden, mit wem ich sein möchte. Alles andere sind die inneren Persönlichkeitsanteile des verlassenen Kindes. Dann empfehle ich die Arbeit an den erfahrenen Entwicklungstraumata. Denn wer als Kind von seinen primären Bezugspersonen verlassen oder vernachlässigt wurde, wird alles in der Welt mögliche tun, um diese Erfahrung nicht noch einmal zu machen. Und das bedeutet dann oft, mit einem Partner auf biegen und brechen zusammenzubleiben, auch wenn in dieser Partnerschaft schon lange nichts mehr gut ist.
Beziehung beenden
Wenn es zu Ende ist, ist es zu Ende. Auch ein Ende kann in Anstand und Respekt vor sich selbst und dem Partner ausgesprochen und realisiert werden. Nur wer nicht gut gehen kann, braucht den Rosenkrieg am Ende der Beziehung, um sich und dem anderen deutlich zu machen, dass es wirklich nicht geht. Prädikat: Nicht empfehlenswert.
Irgendwann muss jeder und jede wieder in den Spiegel schauen und wenn man dann im Spiegel jemanden sieht, der sich gerade wie der Elefant im Porzellanladen benommen hat, kommen zu den Schamgefühlen der gescheiterten Beziehung auch noch die Schuldgefühle wegen des eigenen, zerstörerischen Verhaltens dazu.
Trennungsschmerz
Egal wie die Trennung läuft. Eine Trennung produziert immer Trennungsschmerz. Auch wenn es am Ende nur noch traurig, verletzend, enttäuschend und schmerzhaft war. Menschen sind so gemacht, dass sie Bindungen eingehen. Wenn diese Bindungen dann aufgelöst werden, tut das weh. Ich habe zu diesem Thema einen eigenen Artikel geschrieben. Trennungsschmerz – wenn das Herz zerreißt.
Trennungsberatung und Hilfe bei der Trennung
Eine Paarberatung kann hilfreich sein, um die Partnerschaft in ihrer Existenz zu unterstützen. Sie kann aber auch hilfreich sein, um die gemeinsame Schleife zu einem runden Ende zu bringen. Vor allem dann, wenn ein gemeinsamer Haushalt aufgelöst werden muss, wenn das Paar Kinder hat und wenn andere Verbindlichkeiten geklärt werden müssen. Manchmal muss aber auch einfach nur der Umgang mit dem gemeinsamem Freundeskreis geklärt werden oder wie es am gleichen Arbeitsplatz weitergehen kann. Es ist keine Schande, eine Paarberatung in Anspruch zu nehmen. Auch dann nicht, wenn ohnehin schon Versagensgefühle dominant sind. Manchmal ist nämlich einfach alles nur noch schrecklich. Dann wollen wir weg. Weg von dem Schmerz, weg von dem anderen und eigentlich auch weg von uns. Aber eigentlich brauchen wir Hilfe. Denn wegzulaufen wird das Problem nicht lösen.
Scheidung
Ist das Paar verheiratet und möchte die Scheidung, braucht es auf jeden Fall eine juristische Begleitung. Wenn das Paar an dieser Stelle zur Kooperation in der Lage ist, reicht ein Rechtsanwalt für beide. Das reduziert die Kosten erheblich. Bei einem Krieg vor Gericht fühlen sich in der Regel beide Seiten als Verlierer. Sagen Umfragen zu dem Thema. Also, so wenig Krieg wie möglich und so viel Rechtsanwalt wie nötig. Auch ein Ende kann in Haltung und Anstand vollbracht werden.
Jedes Ende ist ein Anfang
Nach der Trennung braucht es Zeit. Zeit zur Erholung, zum Sortieren und zur Neuausrichtung. Nix geht fix. Und schon gar nicht der Verlust einer Partnerschaft, von der einmal viel erwartet wurde und die mit Sehnsüchten und Hoffnungen aufgeladen war.
Nach der Trennung ist eine gute Zeit, sich selbst der beste Freund oder die beste Freundin zu werden und sich selbst gut zu versorgen, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören und ganz in Ruhe dem Leben eine neue Richtung zu geben. Manchmal ist das auch ein guter Moment, einen Coach zur Begleitung und Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Eins ist klar: Liebe, Sex und Partnerschaft ist etwas für Mutige!
Hier sind mehr Informationen über mich und über mein Angebot.